Die Sage zu unserem Stammesnamen

Der Postmichel war der Sage nach ein Esslinger Bürger, welchem aufgrund eines falschen Mordvorwurfes das Leben genommen wurde. Die gesamte Sage kannst du hier nachlesen.

Die Sage zu unserem Stammesnamen

Die Sage des Postmichel

Es begab sich im Jahre 1491, als der wohlhabende Esslinger Bürger Amandus Marchthaler auf der Esslinger Steige in Stuttgart erschlagen wurde. Im Morgengrauen danach fand eine Gruppe Jäger den Leichnam des Verstorbenen, doch von dem Mörder fehlte jede Spur. 

Mehr als zwei Jahre später, als der Postreiter Michel Banhard von seinem täglichen Postritt zwischen Esslingen und Stuttgart abends wieder zurück Richtung Esslingen ritt, erspähte er einen glitzernden Gegenstand im Gras am Wegesrand. Als er den von der Abendsonne angeleuchteten Ring aufhob, steckte er ihn sich an seinen Finger, um das wertvolle Fundstück sicher nach Esslingen zu bringen und dort abzugeben, ohne zu wissen, dass an eben dieser Stelle, Jahre zuvor ein Mord begangen wurde.

Er ritt die Steige zurück nach Esslingen und kehrte bei seiner Ankunft zur Rast in ein Wirtshaus ein, als einem Trinkkompagnon der Ring an Banhards Finger auffiel. Es wurde unruhig in der Wirtschaft und das Gerücht breitete sich aus, der Postmichel könne der Mörder Amandus Marchthalers sein. Als kurz darauf der Neffe des Ermordeten Mathäus von Welz die Herkunft des Siegelringes bestätigte ließ man den Postmichel trotz seiner Unschuldsbeteuerungen in den Kerker des Wolfstores einsperren und monatelang foltern, bis er dem Druck nicht mehr standhalten konnte und letztendlich den Mord an Amandus Marchthaler gestand. Es war ihm sein letzter Wunsch auf dem Weg zu dem Richtplatz auf seinem Roß zu reiten und noch einmal in sein Posthorn blasen zu dürfen. Vor dem Haus des Neffen des Ermordeten machte er Halt und beschuldigte ihn sich während des Prozesses nicht für ihn eingesetzt zu haben. 

Auf dem Richtplatz angekommen, beteuerte er erneut seine Unschuld und kündigte an künftig zum Michaelis in der Nacht vor dem Haus des Scharfrichters aus Stuttgart und auch in Esslingen vor dem Haus des wahren Mörders in sein Horn zu blaßen, bis der wahre Mörder Marchtalers gefunden und zu seiner Strafe gekommen sei. 

Und so kam es, dass ab dem darauffolgenden Jahr am 29. September, das ist die Michaelisnacht, ein Reiter erschien, den Kopf unter dem Arm, das Posthorn an die Lippen gesetzt, vor des Richters Haus in sein Horn stieß und wieder verschwand. Noch ein weiterer hörte den Klang des Horns; Mattäus Wels, er war nämlich der wahre Mörder seines Onkels.
Angstgetränkt floh dieser aus Esslingen um dem Gespenst des Postmichel‘ zu entkommen. Egal an welchem Ort der Welt sich Wels‘ aufhielt, pünktlich zur Michaelisnacht musste er sich des Leides Ton aus dem Horn des Postmichel anhören.

Vierzig Jahre später kam ein totkranker Mann nach Esslingen und bat um Aufnahme in das Spital. Auf dem Sterbebett gestand Mattäus Wels seine Taten und erbat des Postmichels Gnade für sein Unheil. Daraufhin fand der Postmichel nun endlich seine letzte Ruhe und sein Horn schwieg seit diesem Tage an. 


Frei nacherzählt von Scherry

Quelle: Dorothee Bayer, Esslinger Heimatbuch, S.130-132. Esslingen, 1982